Ein mit Interview Prof. Dr. Dr. Bruno Ehrmaier, von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen stellt die Energieversorgung in der Bundesrepublik Deutschland vor vielfältige Herausforderungen. Im Interview mit Caroline Eder, Geschäftsführerin des BVSW e.V., erläutert Bruno Ehrmaier, Professor an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, wie durch die Transformation zu Erneuerbaren Energien eine stabile, kostengünstige und umweltfreundliche Versorgung möglich wird.

Eder: Für ein hochindustrialisiertes Land wie die Bundesrepublik Deutschland ist eine sichere Energieversorgung essentiell. Welche Voraussetzungen sind notwendig, damit diese gewährleistet ist? 

Prof. Dr. Dr. Ehrmaier: Im Wesentlichen sind es drei Kriterien. Die Versorgung muss zum einen stabil, zum anderen langfristig kalkulierbar und kostengünstig sein. Zudem brauchen wir ein Energiesystem, das umwelt- und klimafreundlich ist.

Eder: Sind diese drei Kriterien aktuell erfüllt?

Prof. Dr. Dr. Ehrmaier: Tatsächlich stößt die derzeit übliche Bereitstellung von Wärme und Strom auf Basis von fossilen Energien an ihre Grenzen. Die Rohstoffverknappung ist kostentechnisch bereits zu spüren. Obendrein führen die zunehmenden geopolitischen Herausforderungen zu starken Preisschwankungen für fossile Energien. Auch die Klimaziele können in näherer Zukunft nicht eingehalten werden. 

Eder: Wie hat die Situation angesichts der aktuellen Lage in der Ukraine verschärft? 

Prof. Dr. Dr. Ehrmaier: Gerade beim Import von fossilen Energien wie Erdgas sind viele Industriestaaten in ein Abhängigkeitsverhältnis geraten, das die Sicherheit der Energieversorgung gefährdet. Aufgrund der starken Energieabhängigkeit und der geringen Diversifizierung der Energieimporte ist die politische Souveränität der Bundesrepublik Deutschland unter Umständen nicht mehr gewährleistet.

Eder: Wie könnten für Deutschland Alternativen bei der Energieversorgung aussehen? 

Prof. Dr. Dr. Ehrmaier: Der bereits seit längerem zu beobachtende Preisanstieg beim Mineralöl und Erdgas zeigt deutlich, dass ein Industriestandort wie die Bundesrepublik Deutschland alternative Energiesysteme benötigt. Tatsächlich ist die Überwindung des fossilen Energiesektors nur durch eine konsequente Transformation hin zu Erneuerbaren Energien möglich. Die Energiegewinnung aus Wind und Sonne, besonders die Stromgewinnung mittels Photovoltaik, muss dabei eine zentrale Rolle spielen. 

Eder: Können Erneuerbare Energien die Kriterien für eine stabile, kostengünstige und umweltfreundliche Energieversorgung bereits erfüllen? 

Prof. Dr. Dr. Ehrmaier: Die immer effizientere Massenfertigung von Photovoltaikanlagen und die zunehmende Leistungsfähigkeit von Windkraftanlagen führen dazu, dass die Kosten aus elektrischer Erneuerbarer Energie mittlerweile teilweise unter den Kosten von fossilen Energiesystemen liegen. Das gilt insbesondere, wenn man die oft nicht einkalkulierten Folgekosten mitbetrachtet. Erneuerbare Energien sind darüber hinaus ganz besonders nachhaltig, klimaschonend und nahezu CO2-frei. 

Eder: Die Intensität von Sonne und Wind schwankt je nach Tageszeit und Wetter. Können Erneuerbare Energien die Versorgung dennoch zu jedem Zeitpunkt sicherstellen? 

Prof. Dr. Dr. Ehrmaier: Das ist ein wichtiger Punkt. Bei bewölktem Himmel ist die Sonnenstrahlung für eine Stromproduktion etwa zu gering und auch der Wind weht unterschiedlich stark. Für eine permanente Energieversorgung braucht es deswegen eine Zwischenspeicherung. Hier sind vor allem die Power-To-X Technologien interessant, die überschüssigen Wind- oder Sonnenstrom in elektrische oder chemische Energieformen zwischenspeichern und anschließend bei einer sogenannten kalten Dunkelflaute wieder dem Netz zur Verfügung stellen. Diese Akkutechnologien sind aktuell noch sehr kosten- und ressourcenintensiv. Wir sehen aber bereits, dass die Preise aufgrund der starken Nachfrage und der zunehmenden Innovationen sinken.

Eder: Ist die Bundesrepublik in der Lage, ihren Energiebedarf durch Erneuerbare Energien künftig selbständig zu decken? 

Prof. Dr. Dr. Ehrmaier: Rein bilanztechnisch kann die Bundesrepublik Deutschland auf ihrer Fläche die benötigte Primärenergie durch Erneuerbare Energien selbst erzeugen. Da die Transformation staatlich allerdings zu langsam vorangetrieben wurde, ist aktuell Eigeninitiative seitens der Industrie gefragt. Photovoltaikanlagen auf dem eigenen Firmendach oder die Beteiligung an regionalen Photovoltaikprojekten und Windparks können etwa ein geeigneter Schritt hin zu einer unabhängigen Energieversorgung des eigenen Betriebes sein. Denn die Transformation zu Erneuerbaren Energien ist sowohl aus geopolitsicher Sicht als auch aus Klimaschutzgründen notwendig, da diese eine klima- und umweltfreundliche sowie stabile, sichere und kostengünstige Energieversorgung gewährleisten können. 

Eder: Herzlichen Dank Herr Prof. Dr. Dr. Ehrmaier für das Interview.